Die Erhebung und Analyse von Gesundheitsdaten sind für ein adäquates Angebot von Leistungen zur Gesundheitsversorgung von zentraler Bedeutung. Während es für die allgemeine Wohnbevölkerung in Deutschland longitudinal angelegte und standardisierte Gesundheitssurveys gibt, erweist sich die Datenlandschaft zur Gesundheitssituation von nach Deutschland Geflüchteten als lückenhaft. Im Rahmen der vorliegenden Thesis wurde sich dieser wissenschaftlichen Forschungslücke gewidmet.
Zu Beginn wird die spezifische und gleichzeitig heterogene und sich dynamisch verändernde Population der Geflüchteten definiert. Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen und dem theoretischen Hintergrund zur Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen, werden bereits bestehende Forschungskenntnisse zur Gesundheitssituation von Geflüchteten dargelegt. Im Rahmen des vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege beauftragten Gutachtens „Auswirkungen des Zustroms von Asylbewerbern auf die gesundheitliche Versorgung in Bayern“ konnte eine umfassende Primärdatenerhebung zur Gesundheit von Geflüchteten in Aufnahmeeinrichtungen in sechs der sieben in Bayern liegenden Regierungsbezirke durchgeführt werden. Neben der Erfassung somatischer Beschwerden, konnten mithilfe eines standardisierten Fragebogens und der Verwendung validierter Messinstrumente ebenfalls Erkenntnisse zur psychischen Gesundheitssituation von Geflüchteten gewonnen werden. Die empirischen Ergebnisse zeigen, dass insbesondere psychische Belastungen wie Depressionssymptomatiken und die Posttraumatische Belastungsstörung von quantitativer Relevanz sind. Im Hinblick auf die erfassten (psycho-) somatischen Beschwerden ergeben sich insbesondere für chronische Rückenschmerzen, Erkrankungen der Zähne und des Mundes sowie des Magens und Darms, Blasenschwäche und Bluthochdruck – im Vergleich zu den anderen erfassten Erkrankungen – hohe (Lebenszeit- und 12-Monats-)Prävalenzen. Weibliche Befragte der Studienkohorte gaben tendenziell häufiger an, erkrankt zu sein, als männliche Geflüchtete.
Die Ergebnisse erlauben ein umfassendes Verständnis der Gesundheitssituation von Geflüchteten, die sich zum Zeitpunkt der Erhebung in Aufnahmeeinrichtungen in Bayern aufhielten. Gleichzeitig zeigen sie die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen, um Versorgungsbedarfe frühzeitig identifizieren und -angebote schaffen zu können. Hierfür gilt es neben der standardisierten und flächendeckenden Erfassung der Gesundheitssituation von Geflüchteten ebenfalls vorherrschende Zugangsbarrieren zur Versorgung abzubauen, um bereits bestehende Ressourcen bestmöglich nutzen zu können.