Nachdem sich queere und trans* Geflüchtete zu erkennen geben und ihre Anliegen ansprechen, ergibt sich oft eine neue Herausforderung, nämlich die, dass sie auf ihre Sexualität bzw. Identität reduziert und andere Schutz- und Versorgungsbedarfe nicht mehr systematisch abgeklärt werden. Die meisten queeren Schutzsuchenden sind jedoch mehrfach vulnerabel – sie sind z. B. auch minderjährig, haben sexualisierte Gewalt erlebt oder leiden an Traumafolgen. Zur intersektionalen Arbeit mit vulnerablen Personen berät u. a. die Bundesweite Fachstelle zur Erkennung und Versorgung besonderer Schutzbedarfe.
In der Beratung queerer Geflüchteter kann es um ein breites Themenspektrum, jenseits von Queerness oder sexueller Orientierung/Identität, gehen: rechtliche Fragen zum Asylverfahren, aber auch um Fragen zu Partner*innenschaften, Community-Anbindung und soziale Teilhabe, den Umgang mit Gewalterfahrungen oder mit akuter psychischer Belastung und psychischen Krisen. Viele Beratungsanliegen queerer Geflüchteter betreffen auch Fragen der gesundheitlichen Versorgung, wobei die Bedarfe sowohl mit ihrer Verfolgungserfahrung als auch mit ihrer Identität verknüpft sein können. Dazu zählen z. B. Personen, die Folter und schwere (sexualisierte) Gewalt erlebt haben. Hier können medizinische und therapeutische Fachkräfte ansetzen, die mit der Behandlung Geflüchteter und mit traumasensibler mehrsprachiger Arbeit Erfahrung haben, wie die multiprofessionellen Teams der Psychosozialen Zentren (https://www.baff-zentren.org/). Dort gibt es auch Expertise zur Dokumentation von Folterfolgen, die für den Verlauf des Asylverfahrens queerer Personen wichtig sein kann. Dazu kommen spezifische gesundheitliche Bedarfe: Trans* Personen haben mit ihrer medizinischen Transition oft bereits im Herkunftsland begonnen und benötigen Anschlussversorgung. Inter* Personen haben teilweise bereits im Kindesalter geschlechtsverändernde Eingriffe erlebt, deren Folgen behandlungsbedürftig sind. Sowohl Trans* als auch Inter* Personen stehen oft vor der Herausforderung, im Gesundheitswesen ihr Geschlecht bzw. ihre Identität erklären und glaubhaft machen zu müssen, um die nötige Versorgung zu bekommen. Hier kann ein Ergänzungsausweis der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität helfen (s. https://dgti.org/2021/09/05/der-ergaenzungsausweis-der-dgti-e-v/).