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Jenny Baron, Yukako Karato

Krise mit System: Psychosoziale Versorgung geflüchteter Menschen seit dem Sommer der Migration 2015

Schwerpunktthemen: Geflüchtete, Gesundheitsversorgung, Psychische Gesundheit

Eine gute Gesundheitsversorgung beginnt dort, wo bekannte Bedarfe planbar und verlässlich adressiert werden. In der psychosozialen Versorgung Geflüchteter besteht allerdings seit Jahrzehnten eine enorme Versorgungslücke. Die Bedarfe sind zwar bekannt und spezialisierte Versorgungsangebote existieren seit den 1980er Jahren. Die Leerstellen in der Versorgung werden stets dann sichtbar, wenn „Ausnahmesituationen“ bewältigt werden müssen. So wie es im Sommer 2015 der Fall war. Dann wird um neue Konzepte gerungen, die ad hoc humanitäre Not lindern sollen – weil Erfahrungen aus vergangenen Krisen nicht in tragfähige Strukturen überführt wurden.

Rund 30 Prozent der geflüchteten Menschen in Deutschland zeigen Symptome einer Traumafolgestörung, verursacht durch Gewalt, Verfolgung und existenzielle Bedrohung im Herkunftsland, auf der Flucht oder nach der Ankunft (Blackmore et al., 2020). Doch nur 3,3 Prozent der Betroffenen erhalten eine bedarfsgerechte Behandlung (Karato et al., 2025). Für Überlebende von Folter und schwerer Gewalt bedeutet das: Die Chance auf einen Behandlungsplatz ist verschwindend gering. Wartezeiten liegen im Durchschnitt bei über einem halben Jahr. Symptome chronifizieren und spitzen sich zu – obwohl sie ambulant gut behandelbar wären.

Die Ursachen der Versorgungslücke in der psychosozialen Versorgung geflüchteter Menschen waren lange vor den Fluchtbewegungen der letzten 10 Jahre bekannt.

Institutionalisierte Ausschlüsse: 30 Jahre Asylbewerberleistungsgesetz

Die zentralste Barriere ist seit dem Asylkompromiss der frühen 1990er Jahre im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) verankert: Geflüchtete Menschen haben in den ersten drei Jahren ihres Aufenthalts meist nur Anspruch auf die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzen (§§ 4, 6 AsylbLG) – psychische Krankheiten werden davon oft ausgenommen. Hinzu kommen fehlende Sprachmittlung, Diskriminierung und unzureichende kultursensible Kompetenzen in der Ausbildung von Gesundheitsfachkräften, knappe Kapazitäten und das Fehlen multiprofessioneller Unterstützungsmodelle für Patientinnen und Patienten mit komplexen Bedarfen.

Die Psychosozialen Zentren: Etabliertes Versorgungsmodell ohne Fundament

Als Reaktion auf diese systemischen Defizite gründeten sich seit den 1980er Jahren die Psychosozialen Zentren für Geflüchtete und Überlebende von Folter (PSZ). Ihr multiprofessioneller Ansatz vereint Psychotherapie sowie psychologische, asyl-, aufenthalts- und sozialrechtliche Beratung – bei Bedarf mit Sprachmittlung. Aktuell sind 51 PSZ unter dem Dach der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e. V. (BAfF e. V.) organisiert. Sie haben den Auftrag, zu stabilisieren und Kontinuität herzustellen – und operieren dabei selbst im dauerhaften Ausnahmezustand mit immer restriktiveren Projektlogiken. Denn die Finanzierung dieser Zentren ist prekär. Ohne institutionelle Verankerung sind sie fast ausschließlich auf zeitlich begrenzte Fördermittel angewiesen.

Solidarische Impulse mit begrenzter Tragweite: Der „Sommer der Migration“ 2015

Der „Sommer der Migration“ vor zehn Jahren war ein Moment großer öffentlicher Aufmerksamkeit. Er veränderte auch die psychosoziale Versorgung von Geflüchteten: In kürzester Zeit entstanden neue Initiativen, oft getragen von Ehrenamtlichen, die mobile Teams, niedrigschwellige Beratungen und Lotsinnen- und Lotsenprojekte aufstellten. Die Psychosozialen Zentren wuchsen, errichteten Außenstellen in Unterkünften, bauten Kooperationsnetzwerke mit Kliniken, Ambulanzen und niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen auf und gaben ihre Expertise in Informationsmaterialien, Qualitätszirkeln und Fortbildungsreihen an zahlreiche Fachkräfte weiter. Doch all das konnte die strukturellen Mängel nicht ausgleichen. Der Initiativenlandschaft fehlte eine systematische Koordinierung, die gute Absichten auch in gute Praxis überführt und Risiken begrenzt – etwa Retraumatisierungen bei Geflüchteten durch Angebote mit mangelnder Qualitätssicherung oder sekundäre Traumatisierungen bei Ehrenamtlichen (BAfF, 2019). Viele Angebote waren kurzfristig konzipiert und finanziert. Entsprechend verschwanden sie nach wenigen Jahren wieder.

Die Dynamik des Jahres 2015 hat Schwierigkeiten in der Versorgung aufgezeigt – und sie hätte Weichen für grundlegende Reformen stellen können. Diese Chance wurde nicht genutzt. Was vielerorts bleibt, sind Netzwerke, die in Teilen bis heute tragen, und ein gewachsenes Interesse aus der Regelversorgung, mit PSZ zu kooperieren oder sich fortzubilden, um geflüchtete Menschen besser behandeln zu können. Doch psychotherapeutische Leistungen können bis heute kaum über die Leistungsträger abgerechnet werden. Die flächendeckende Einführung der elektronischen Gesundheitskarte, seit 2005 in Bremen erprobt und nachweislich geeignet, bürokratische Hürden abzubauen und kostenintensive stationäre Behandlungen zu reduzieren, scheiterte (Bozorgmehr & Razum, 2015; Gold et al., 2021; Bozorgmehr et al., 2022). Bislang wurde sie nur in sechs Bundesländern und einzelnen Kommunen umgesetzt. Ebenfalls nicht flächendeckend implementiert ist die nach EU-Aufnahmerichtlinie (2013/33/EU; 2024/1346) verbindliche Identifizierung und Versorgung besonders schutzbedürftiger Geflüchteter. Auch die Erweiterung der Ermächtigungsregelungen in der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) im Jahr 2015 ist in der Praxis nahezu wirkungslos geblieben: Versorgt werden dürfen ausschließlich Personen, die zwar bereits drei Jahre in Deutschland sind, aber noch keinen Schutzstatus haben und auch nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein dürfen.

Nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine: Reformen im Schatten alter Muster

Nach der ersten großen Fluchtbewegung aus der Ukraine wiederholten sich einige Krisenmuster. Wieder mussten kurzfristig neue Angebote aufgebaut werden, weil zuvor geschaffene Strukturen trotz des Bedarfs längst abgebaut waren. Erneut wurde die Chance verpasst, alle geflüchteten Menschen unbürokratisch und unabhängig vom Aufenthaltsstatus ins Gesundheitssystem aufzunehmen. Ukrainische Geflüchtete erhielten zwar direkt Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung – trotzdem blieben psychosoziale Angebote auch für sie schwer zugänglich, u. a. wegen fehlender Sprachmittlung (Baron et al., 2023). Die PSZ haben 2022 unter enormem Ressourcenaufwand ukrainische Kolleginnen und Kollegen in ihre Teams eingebunden. Nun laufen trotz des fortgesetzten Krieges die meisten Sondermittel aus – bevor sie in dauerhafte Strukturen überführt werden konnten.

Ausblick: Wege in ein inklusives Gesundheitssystem

Die letzten zehn Jahre zeigen, dass ein funktionierendes Gesundheitswesen nicht auf ausschließende Sondersysteme setzen kann. Statt in jeder Krise aufs Neue zu reagieren, braucht es eine verlässliche und inklusive Infrastruktur, die unserer Migrationsgesellschaft dauerhaft und selbstverständlich gewachsen ist. Dazu gehören ein gleichberechtigter Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung, ein gesetzlicher Anspruch auf Sprachmittlung und die Verstetigung multiprofessioneller Versorgungsmodelle.

Literatur

BAfF (2019). Lots*innen, Peers und Laienhelfer*innen: (Neue) Unterstützungskonzepte in der psychosozialen Arbeit mit Geflüchteten. https://www.baff-zentren.org/wp-content/uploads/2019/02/BAfF_Positionspapier_Laienhilfe_2019.pdf

Baron, J., Teigler, L. & Flory, L. (2023). Vorbild Ukraine – Hilfesysteme der Zukunft? Handlungsbedarfe in der psychosozialen Versorgung geflüchteter Kinder und Jugendlicher. https://www.baff-zentren.org/wp-content/uploads/2023/11/HilfesystemederZukunft.pdf

Blackmore, R., Boyle, J. A., Fazel, M., Ranasinha, S., Gray, K.M., Fitzgerald, G., Misso, M. & Gibson-Helm, M. (2020). The prevalence of mental illness in refugees and asylum seekers: A systematic review and meta-analysis. PLoS Med, 17(9): e1003337. https://journals.plos.org/plosmedicine/article?id=10.1371/journal.pmed.1003337

Bozorgmehr, K., Biddle, L. & Gottlieb, N. (2022). Gesundheitssystem zwischen Krise und Integration: Lehren aus 30 Jahren Fluchtmigration. In: GGW,·Jg. 22, 3 (September), 15–26. https://www.wido.de/fileadmin/Dateien/Dokumente/Publikationen_Produkte/GGW/2022/wido_ggw_0322_bozorgmehr_et_al.pdf

Bozorgmehr, K. & Razum, O. (2015). Effect of Restricting Access to Health Care on Health Expenditures among Asylum-Seekers and Refugees: A Quasi-Experimental Study in Germany, 1994–2013. PLoS ONE. https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0131483

Gold, A.W., Weis, J., Janho, L., Bidle, L. & Bozorgmehr, K. (2021). Die elektronische Gesundheitskarte für Asylsuchende: Zusammenfassung der wissenschaftlichen Evidenz. https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/30347/

Karato, Y., Hilt, L., Träbert, A. & Theilig, C. (2022). Flucht und Gewalt: Psychosozialer Versorgungsbericht 2025. Fokus: Grenzgewalt. https://www.baff-zentren.org/wp-content/uploads/2025/06/BAfF_VB2025.pdf

 

Autorinnen:
Jenny Baron ist als Referentin für Wissenschaft & Kommunikation und Yukako Karato ist als Referentin für Versorgungsanalyse bei der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e. V. (BAfF e. V.) tätig.

Kontakt:
yukako.karato(at)baff-zentren.org
jenny.baron(at)baff-zentren.org

 


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